GLASPERLENSPIEL
CAROLIN NIEMCZYK & DANIEL GRUNENBERG
Music style: Elektro-Pop
Instrument: VGS & Ovation
Webpage: www.glasperlenspiel.com

CAROLIN NIEMCZYK & DANIEL GRUNENBERG

DAS POPDUO AUF ERFOLGSKURS

»Ich will, dass er perfekt ist; dass er echt ist«, so besangen Glasperlenspiel mit ihrer Hit-Single »Echt« vor vier Jahren diesen einen besonderen Moment, der in der Folge zu einer beispiellosen Karriere wurde. Vier goldene Schallplatten, gefeierte Konzerte, zahlreiche Auszeichnungen – Carolin Niemczyk und Daniel Grunenberg haben sich mit ihrem einnehmenden Elektropop aus fassbaren Texten und unfassbaren Melodien eine eigene Nische geschaffen, die im positivsten Sinne als Pop-Musik bezeichnet werden kann.

»Tag X«, das neue Album von Glasperlenspiel, setzt nun genau dort an, wo die beiden bisherigen Alben aufgehört haben – geht jedoch noch einen logischen Schritt weiter: Die mitreißende Kombination aus musikalischem Anspruch und Authentizität ist geblieben, doch Caro und Daniel haben sich nicht nur als Texter und Songschreiber spürbar weiterentwickelt, sondern auch ihren gewachsenen Live-Erfahrungen Rechnung getragen und ihren Sound um eine organische Facette erweitert, die das Duo Glasperlenspiel noch näher an ihren Kern kommen lässt. Noch perfekter. Noch echter.

»Wir haben in den letzten zwei Jahren viele Konzerte gespielt. Und weil wir mit einer kompletten Band auftreten, mussten wir unsere Songs Band-kompatibel machen. Also haben wir viel an unserem Sound herumgebastelt«, erzählt Caro. Und Daniel ergänzt: »Dementsprechend ist ›Tag X‹ eine tolle Symbiose aus bewährten Elektro-Elementen und vielen Live-Einflüssen geworden.«

Im Vergleich zum Vorgängeralbum »Grenzenlos« (2013), das vorrangig die neuesten Entwicklungen zeitgenössischer Club-Couture aufgegriffen und in Glasperlenspiels Popkosmos übersetzt hat, wirkt »Tag X« viel geerdeter. Ausgewogener. Selbstverständlich sind die Band-definierenden Einflüsse Elektronischer Tanzmusik nach wie vor vorhanden, treten zugunsten des Gesamtwerks jedoch in den Hintergrund. Das dominierende Element von »Tag X« ist ein ganz anderes: Vielfalt – und zwar in jeglicher Hinsicht.

Denn Glasperlenspiels gewachsenes Mehr an menschlicher, musikalischer und gesamtkünstlerischer Reife spiegelt jeder einzelne Track des Albums. Das setzt die Band in ein strahlendes, frisches Licht, das nicht nur hellhörig werden lässt, sondern auch neue Schatten wirft. »Wir sind wahnsinnig stolz auf die Platte«, so Daniel, »weil wir in sämtlichen Bereichen zugelegt und ein neues Level erreicht haben: Musikalisch, sprachlich, inhaltlich und emotional.« Er überlegt kurz und fügt dann hinzu: »Wir waren mutig genug, Abhängigkeiten zuzulassen, und das hat sich ausgezahlt. Auf dem Album braucht jeder Song den anderen, um bestmöglich wirken zu können. Denn jeder aufgedeckte Unterschied stellt den individuellen Charakter der einzelnen Stücke heraus.« Und dieser Umstand lässt die Platte zu weit mehr werden als der Summe ihrer einzelnen Teile. Dabei sind die schon stark genug.

Man nehme nur mal die erste Single »Paris«, die einen mit ihrer zwingenden Mischung aus emotionaler Dringlichkeit und musikalischer Klarheit so schnell nicht mehr loslässt.

»Das ist einer meiner Lieblingssongs«, gesteht Caro. »Darin geht es, inspiriert vom Filmklassiker ›Casablanca‹, um eine eingeschlafene Liebe, die Hoffnung braucht. Und diese Hoffnung liegt in der Stadt der Liebe – selbst wenn die Gefühlswelt drum herum gerade zu bröckeln beginnt.« Beeindruckend bei dem Stück ist vor allem, wie hier Inhalt und Musik ineinandergreifen. Die in der Strophe zaghaft vorgetragenen Zweifel werden durch die verbalisierte Zuversicht und musikalische Leichtigkeit im Refrain regelrecht fortgeweht – näher kann man mit einem Popsong kaum an das wahre Leben herankommen.

Ein anderes spannendes Stück ist der Opener »Wölfe«, auf dem das Duo ihren Einstieg und Werdegang im Musikgeschäft thematisiert. Eingeleitet von einem motivierenden Vocal-Sample aus der Fernsehserie »Scrubs« scheuen sich Glasperlenspiel hier nicht, auch mal das gängige Popsongsmuster aufzubrechen und dadurch nicht nur für das Lied selbst, sondern für die gesamte Platte die bereits erwähnte Einzigartigkeit herauszuschälen, die das Album so besonders macht: Beat- und Stimmungswechsel, Rock-Parts, die elektronisch zerfließen, und Sätze, die metaphorisch verspielt und treffend direkt zugleich sind.

Oder der Stand-Out-Track »Auftrieb«, eine treibende Motivationshymne zwischen flirrenden Elektrosounds und peitschender Catchyness, in der Glasperlenspiel ihrer zutiefst verinnerlichten Band-Philosophie einmal mehr ein musikalisches Monument gebastelt haben: »Mein Herz eine Faust, die im Käfig schlägt/Für den einen Moment, der ewig lebt.« Wow.

Und hier schließt sich gewissermaßen ein Kreis. Denn als Glasperlenspiel 2011 mit ihrem Stück »Echt« auf der Bildfläche erschienen sind, haben sie damit unbewusst zum Leitmotiv gemacht, was sie stets ausgezeichnet hat: die in der Popmusik so seltene Eigenschaft von Aufrichtigkeit und Authentizität. Nicht nur das Perfekte, sondern auch das Echte.

Diesem Leitmotiv sind Caro und Daniel bis heute treu geblieben, ohne deshalb künstlerisch auf der Stelle getreten zu sein. Sie haben ihre Weiterentwicklung als Künstler stets auch als Menschen tragen können und künstlerische Veränderung nie mit dem weitverbreiteten Missverständnis gleichgesetzt, sich verbiegen zu müssen und nicht mehr sie selbst sein zu dürfen. Das lässt sie auch heute noch so greifbar sein. So echt. So perfekt.

Glasperlenspiel wirken nicht wie eine abgehobene Band, die ihren Erfolg in Abgrenzung münden lässt, sondern wie langjährige Freunde, die einem nach wie vor einen Platz in ihren Leben einräumen. Und mit »Tag X« laden sie jeden einzelnen von uns ein, auch weiterhin Teil davon zu sein.

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